Heilfasten

Heilfasten nach Buchinger

„Fasten ergreift als ganzheitliche Erfahrung den Menschen in seiner Einheit aus Körper, Seele und Geist“

Dr. med. Otto Buchinger (1878-1966)


Dr. med. Otto Buchinger kam über ein Selbsterlebnis zum Heilfasten: 1917 erkrankte er mit 39 Jahren nach einer Mandelentzündung an chronischem Gelenkrheuma. Da ihm keine derzeit bekannte Medizin helfen – geschweige denn ihn heilen – konnte, begann er zu fasten. Nach 19 Tagen Fasten konnte er die Gelenke wieder bewegen. Dies war ein einschneidendes Erlebnis in seinem Leben als Arzt und Mediziner. Er wandte sich der Homöopathie und der ganzheitlichen Medizin zu. 1920 eröffnete er sein erstes eigenes Kurheim, 1935 seine erste eigene Klinik und widmete auch sein weiteres Leben dem Thema Heilfasten. Ebenfalls 1935 veröffentlichte er sein wohl wichtigstes Werk „Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden“, welches bis heute immer wieder neu aufgelegt wird. Im Jahr 1966 verstarb er mit 88 Jahren.

Fasten in der Menschheitsgeschichte

ernährung steinzeit
In der Steinzeit gehörte Fasten zum (Über-)Leben.

Das Thema Fasten begleitet die Menschheit schon seit den Urzeiten:

  • Für Jäger und Sammler war Fasten durch einen ständigen Wechsel von Nahrungsangebot und Nahrungsmangel Voraussetzung für das Überleben der Menschheit.
  • In der Antike: „Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Arznei“ (Hippokrates, 460 bis etwa 377 v. Chr., griechischer Arzt, „Vater der Heilkunde“)
  • Moses stieg auf den Berg Sinai und fastete 40 Tage, bevor er Gottes Wort empfing
  • Jesus selbst hat vor seinem öffentlichen Wirken in der Wüste 40 Tage gefastet (Matthäus 4.1f)
  • Fastenzeit in der katholischen Kirche: 40 Tage Fasten und Beten von Aschermittwoch bis Karfreitag zur Vorbereitung auf das Hochfest Ostern

Aber auch das „natürliche“ Fasten bei beispielsweise Erkältungsinfekten kann sinnvoll sein: Der kranke Organismus braucht zu seiner Gesundung Zeit und Kraft für sich selbst. Durch Fasten erspart sich der Körper die Verdauungsarbeit = circa dreißig Prozent des gesamten Energieaufwands. Die frei werdende Energie kann zur Aktivierung der Selbst-Heilungs-Kräfte genutzt werden.

Was bedeutet Fasten in der heutigen Zeit?

Fasten ist im Gegensatz zum Hungern der bewusste und freiwillige Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel für eine begrenzte Zeit.

Heilfasten steht für ein mehrdimensionales Fasten:

  • Körperlich:  durch Rituale, Bewegung und Entspannung
  • Medizinisch: bei bestimmten Indikationen
  • Sozial-mitmenschlich: Fasten in der Gruppe verbindet, Austausch mit anderen stabilisiert.
  • Spirituell

Für wen ist Heilfasten geeignet?

Das Heilfasten ist für fast jeden (gesunden) Erwachsenen geeignet. Bei chronischen Erkrankungen kann das Fasten ebenfalls sinnvoll sein.

Hierzu gehören z.B.:

  • Diabetes mellitus Typ 2 (Erklärungen zum Thema Diabetes in meinem Fachblog Diabets mellitus)
  • Gelenkerkrankungen, Rheuma
  • Verdauungsstörungen, Darmerkrankungen
  • Allergien wie Heuschnupfen und Asthma
  • Schuppenflechte, Neurodermitis, Ekzeme

Allerdings sollte hier das Fasten nur nach ärztlicher Erlaubnis erfolgen und in Begleitung eines Therapeuten, denn gegebenenfalls ist nur stationäres Fasten erlaubt bzw. eine Anpassung der Medikation erforderlich.

Kontraindikationen

Bei diesen Beschwerden sollte komplett auf das Fasten verzichtet werden:

  • schwere Herz-Kreislauferkrankungen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Erhöhte Harnsäurewerte im Blut
  • hormonelle Störungen, z.B. der Schilddrüse
  • ausgeprägte Schwächezustände
  • Nierenerkrankungen, Krebserkrankungen
  • schwere Infektionskrankheiten
  • bei psychiatrischen Vorerkrankungen (endogene Depression, Psychose)
  • Essstörungen (Bulimie, Anorexia nervosa)
  • Schwangere, Stillende, Heranwachsende und Kinder sollten grundsätzlich nicht fasten

Warum fasten?

Durch Fehl- und Überernährung mit Fleisch, Innereien, Fisch, Milch, Milchprodukten, Süßigkeiten, Zucker, Alkohol, Kaffee, Teigwaren und Fett kommt es zu Übergewicht und zur Übersäuerung des Körpers. Weil die Entgiftungs-Organe (Leber, Nieren) deutlich überlastet sind, lagern sich Stoffwechselprodukte im Gewebe ab und behindern die Versorgung der Zellen. Hierdurch kommt es zur Entwicklung von chronischen Erkrankungen, z.B. Sodbrennen, Magen-Darm-Störungen, Abwehrschwäche, Hauterkrankungen, Gelenkerkrankungen, Rheumatische Arthritis, Gicht, Allergien, Osteoporose, Arteriosklerose, Diabetes mellitus Typ 2, Migräne, Gallensteine, Nierensteine. Diese werden meistens jedoch nicht im Zusammenhang mit der Übersäuerung gesehen.

Wirkung Heilfasten nach Buchinger

Durch das Fasten nach Buchinger werden viele Bereiche der Verdauung und Entgiftung entlastet. Der Darm muss keine feste Nahrung verarbeiten und die Leber muss keine Verdauungssäfte produzieren. Das Nervensystem entspannt sich durch die Ruhephasen. Gedankliche Klarheit wird gefördert und neue Energie für den Alltag getankt. Hormone werden ebenfalls reguliert: z.B. Adrenalin und Cortisol werden gehemmt, Serotonin (Stimmungsaufheller) wird verstärkt. Dies hat insgesamt einen positiven Einfluss auf Atmung und Herz-Kreislauffunktionen: Puls und Blutdruck verlangsamen sich und müssen sogar bei Einnahme von Blutdruck-Medikamenten regelmäßig überprüft werden. Viele der chronischen Erkrankungen können nun in Entstehung und Entwicklung positiv beeinflusst werden.

Ein wichtiger Recycling-Effekt kommt außerdem in Gang, die Autophagie: Beim Fasten wird vermehrt unbrauchbarer und schädlicher Zellabfall recycelt. Der Körper gewinnt daraus neue Zellbaustoffe und Energie. Aus diesem Grund haben Fastende trotz Nahrungsverzicht häufig auch viel Energie!

Was passiert beim Heilfasten?

Beim Heilfasten nach Buchinger werden für mindestens 7 Tage keine Kohlenhydrate mehr aufgenommen, dadurch sinkt der Insulinspiegel im Körper. Circa 12 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme stellt sich der Stoffwechsel um und greift auf seine Reserven zurück. In der Leber wird nun der Speicherzucker (Glykogen) in Zucker umgewandelt. In den Fettdepots aktiviert der Körper langsam parallel dazu Fett und verbrennt es:

Fettverbrennung

Nach 48 Stunden ist der Zuckerspeicher in der Leber leer. Jetzt startet zusätzlich die Eiweißverbrennung. Die Leber bildet aus dem Eiweiß wieder neuen Zucker. Diesen Vorgang nennt man Gluconeogenese. Ein Eiweißabbau im Körper bedeutet aber auch immer einen in der Regel unerwünschten Muskelabbau. Glücklicherweise kommt es durch die ebenfalls parallel ablaufende Fettverbrennung jedoch zur Bildung von Ketonkörpern (z.B. Aceton). Diese Ketonkörper hemmen den weiteren Muskelabbau und sind gleichzeitig direkter Energielieferant für den Körper.

Entgiftung

Nach wenigen Tagen Heilfasten stammen circa 90% der Energie aus der Verbrennung der Fette. Eine Gewichtsabnahme ist dann ein (oft) angenehmer Nebeneffekt, sollte aber nicht die Intention für das Fasten sein! Durch die stark angeregte Fettverbrennung werden auch Umweltschadstoffe aus den Fettdepots freigesetzt und Körperzellen entlastet. Diese „Altlasten“ müssen jedoch zügig ausgeschieden werden. Die „Entgiftung“ und Ausscheidung erfolgt wie sonst auch über Leber, Nieren, Darm, Lunge und Haut. Für die Ausscheidung wird reichlich Flüssigkeit benötigt. Beim Heilfasten nach Buchinger wird ausschließliche Flüssigkeit aufgenommen, daher ist es ein optimaler Ansatz für die „Entgiftung“ des Körpers. Die Unterstützung der Ausleitung über zusätzliche Ausleitungsprodukte ist an dieser Stelle sehr empfehlenswert.

Ablauf des Fastens nach Buchinger

Heilfasten nach Buchinger bedeutet kurz gesagt: Nichts essen – viel trinken!

Wie muss man sich das genau vorstellen?

  • Täglich mindestens 2-3 Liter Flüssigkeit trinken, z.B. (Heil-)wasser, Tee, Gemüsebrühe oder Gemüsesäfte

  • Alles, was nicht lebenswichtig ist, wird weggelassen: Nikotin, Alkohol, Kaffee, Süßigkeiten, rezeptfreie Medikamente (z.B. Schlafmittel). Die Einnahme verordnungspflichtiger Medikamente muss vor Fastenbeginn mit dem behandelnden Therapeuten abgeklärt werden.

  • Weitere Unterstützung der Entgiftung durch Ausleitungsprodukte zur Aktivierung von Leber, Nieren, Lymphsystem und Bindegewebe sowie Präparate zum Leber-„schutz“

  • Bewegung: Am Tag mindestens 30minütige Bewegungsphase an der frischen Luft durch Spaziergänge, Nordic Walken oder Gymnastik. Bewegung unterstützt die „Entgiftung“ durch Steigerung der Durchblutung. Ebenso kommt es zu einer erhöhten Atemfrequenz, die wiederum zu einer verbesserten Sauerstoffaufnahme im Körper führt. Dem Muskelabbau wird ebenfalls vorgebeugt. Durch aktives Schwitzen bei Bewegung erfolgt zusätzlich eine verstärkte Ausscheidung über die Haut
  • Ruhepausen: sollten ebenfalls mindestens 30 Minuten betragen, und ausschließlich zum Entspannen, Meditieren, Lesen oder Musik hören genutzt werden. Lösen Sie sich von Beruf und Alltag und gehen Sie in die Stille indem Sie so lange wie möglich auf Fernsehen, Radio und Handy verzichten.

Überprüfung des Säure-Basen-Haushalts beim Fasten

Da die Nieren einen Großteil der Säuren ausscheiden, ist das reichliche Trinken ein wichtiger Bestandteil vom Fasten. Eine eventuell schon im Vorfeld bestehende „Über“-belastung der Nieren mit einem hohen Gehalt an Säuren, sollte vor dem Fasten abgeklärt werden. Dies ist möglich durch die Überprüfung des Säure-Basen-Haushalts über den Urin. Eine vorhandene Überbelastung sollte im Vorfeld durch ein Basenpräparat behandelt werden. Denn beim Heilfasten werden noch zusätzlich Säuren gelöst und ausgeschieden. Dies könnte sonst zu zahlreichen Beschwerden, einer sogenannten „Fastenkrise“ führen.

Darmreinigung während des Heilfastens

Neben der Aktivierung der Nierentätigkeit durch reichliches Trinken, wird die Ausscheidung und „Entgiftung“ des Körpers durch regelmäßige Darmreinigungen (Einlauf) gefördert. Ergänzend hierzu empfehlen sich regelmäßige Leberwickel zur Unterstützung der Lebertätigkeit. Eine sorgfältige Körperhygiene sollte auch in dieser Zeit selbstverständlich sein und wird ergänzt durch Atemübungen.

Unterschied zwischen Heilfasten nach Buchinger und einer „Null-Diät“

Über die empfohlenen Gemüsesäfte beim Fasten nach Buchinger werden einige Kalorien aufgenommen. Durch das viele Trinken und die Bewegung ist die Übersäuerung geringer als bei einer „Null-Diät“. Das viele Trinken fördert außerdem die Ausscheidung von Säuren (z.B. Ketonsäuren) über den Urin, was einer Fastenazidose (Übersäuerung) vorbeugt.

Gemüsesäfte Heilfasten
Gemüsesäfte machen den Unterschied zur „Null-Diät“: